Ein Garten, der verbindet
Wer in Frienisberg ankommt, wird von Blumen empfangen. Narzissen säumen die Wege, Geranien leuchten in Blumenkisten, im Herbst setzen kunstvolle Gestecke Akzente. «Wir machen das hönne gärn», sagt Irene Kropf. «Der Garten ist unser Herzblut – und wir dürfen ihn so gestalten, dass er zu Frienisberg passt.» Hans-Rudolf Weibel nickt.
«Wenn ich eine Rabatte bepflanze, bleiben oft Bewohnende stehen. ‹Oh, die schönen Stiefmütterli›, sagen sie. ‹Die habe ich früher auch gesetzt.› Das ist es, was einen Garten ausmacht: Er verbindet, er weckt Erinnerungen.»
Seit zehn Jahren arbeitet Hans-Rudolf Weibel in Frienisberg. Zuvor hat er zusammen mit Strafgefangenen einen grossen Gemüsegarten bewirtschaftet. «Ich kann nicht drinnen sein. Ein Garten bedeutet Leben – und das spüre ich hier jeden Tag.»
«Wir arbeiten mit den Jahreszeiten», erklärt Irene Kropf. «Im Frühling säen wir aus, im Sommer giessen, pflegen und ernten wir, im Herbst lauben wir aus und dekorieren, im Winter bereiten wir den Garten für das nächste Jahr vor».
Am Freitagnachmittag machen die beiden ihre letzte Runde. «Alles soll fürs Wochenende bereit sein», sagt sie. «Gepflegt, aufgeräumt, einladend – damit die Bewohnenden ihre Umgebung geniessen können.»
«Gärtnerin ist der schönste Beruf überhaupt», sagt Irene Kropf. «Draussen sein, die Natur spüren, die Pflanzen wachsen sehen – das macht mich glücklich.» Auch die Bewohnenden sind Teil des Gartens. Ein langjähriger Bewohner hilft regelmässig beim Pikieren, Umtopfen und Pflanzen. «Das ist wertvoll für uns», sagt sie. «Er kennt die Arbeit, ist mit Leidenschaft dabei und hat eine sinnvolle Aufgabe.»
Für alle gibt es etwas zum Mitnehmen:
«Wir bieten unsere Schnittblumen in der Blumenecke an. Wer möchte, kann ein paar für das Zimmer oder die Wohngruppe holen.»
Und wo geniessen die beiden die Natur, wenn sie nicht arbeiten? «Die vier Linden», sagt Hans-Rudolf Weibel sofort. «Der Aussichtspunkt, das Nebelmeer, der Blick in die Weite.» Irene Kropf lacht. «Mein Lieblingsplatz? Überall, wo Blumen blühen. Mein Blumenmeer ist mein Wohlfühlort.»