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Einblicke in die Seelsorge

Am 1. Dezember 2020 hat meine Anstellung als Seelsorgerin im «Frienisberg – üses Dorf» angefangen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Anfangs orientierungslos durch den unterirdischen Gang gelaufen bin auf der Suche nach den Häusern und Wohngruppen. Mittlerweile habe ich doch schon ein wenig mehr den Überblick, fühle mich gut eingelebt hier und bin «angekommen».

 

Was macht eine Seelsorgerin?
Immer wieder werde ich gefragt, was ich denn als Seelsorgerin mache. Daher möchte ich einen kleinen Einblick in meinen Arbeitsalltag geben.

Angestellt bin ich von der Kirchgemeinde Seedorf als Seelsorgerin für «Frienisberg – üses Dorf», wo ich ein Arbeitspensum von 50% habe. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit hier im Frienisberg sind Besuche und Gespräche mit Bewohnerinnen und Bewohnern. Im Normalfall rufe ich vorgängig auf der Wohngruppe an und vereinbare einen Termin, um Besuche zu machen oder ich werde direkt oder über das Personal angefragt und besuche eine Person, welche ein Gespräch wünscht. Solche Gespräche haben natürlich auch ganz viel mit Vertrauen zu tun. Manchmal braucht es Zeit und einige Besuche, bis dieses Vertrauen gewachsen ist. Die Gespräche haben ganz viele verschiedene Inhalte. Für manche ist es einfach wichtig, dass sie erzählen können. Von sich, wie es ihnen geht, wie sie sich eingelebt haben, manchmal auch, wo der Schuh drückt oder was sie heute Schönes erlebt haben. Manche erzählen ihre ganze Lebensgeschichte, wie sie ihr Leben bis hierher gemeistert haben – und das sind schöne, eindrückliche, tiefgehende Geschichten, die das Leben schreibt. Auch die Schattenseiten haben ihren Platz und dürfen erzählt werden – nicht immer ist ein Leben so verlaufen, wie man sich das vorstellt. Manche möchten Bestimmtes angehen, verändern (auch wenn es nur die Sichtweise auf ein Thema ist) oder über ganz bestimmte Themen reden, die sie beschäftigen. Ich merke, dass in meiner Arbeit etwas ganz wichtig ist: Zeit. Ich habe Zeit, zuzuhören oder manchmal auch nur da zu sein. In diesen Gesprächen darf geweint und gelacht werden, es darf viel und manchmal auch nichts gesagt werden.

«Muss man denn religiös sein, um mit der Seelsorgerin zu reden?». Nein, muss man nicht. Als Pfarrerin habe ich natürlich einen religiösen Hintergrund und für manche ist es wichtig, über Religion oder über den persönlichen Glauben zu sprechen. Manchmal tut ein Bibeltext oder ein Gebet auch einfach gut und ist dann Teil in den Gesprächen. Aber nicht nur und nicht immer. Als Seelsorgerin im Frienisberg bin ich für alle da, die ein Gespräch wünschen. Und der Inhalt vom Gespräch bestimmt mein Gegenüber.

Als Seelsorgerin im Frienisberg ist es mir auch wichtig, gute Kontakte zu den Mitarbeitenden zu pflegen, ganz besonders zum Betreuungs- und Pflegepersonal in den Häusern und Wohngruppen. Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, in dem oft gedrängten Tagesablauf einen Platz zu haben und auch einbezogen oder angefragt werde für bestimmte Gespräche. Dabei darf auch manchmal ein Gespräch «zwischen Tür und Angel» Platz haben, in dem Mitarbeitende von sich erzählen können, oder auch mal ein bisschen «von der Seele reden». Selbstverständlich nehme ich mir auch Zeit für die Mitarbeitenden, welche ein persönliches Gespräch wünschen.

Zu meiner Arbeit gehört es, dass ich Andachten durchführe oder Geschichten erzähle – das gab auch schon ganz schöne und lustige Nachmittage. Besonders geblieben ist mir ein Anlass, als ein Bewohner sogar extra Kuchen gebacken hat, damit wir nachher eine leckere Verpflegung hatten.

Einmal im Monat gestalte ich einen Gottesdienst in Frienisberg. Ich freue mich über diese Möglichkeit, gemeinsam feiern zu können und habe den Eindruck, dass dies ein Anlass ist, der auch den Gottesdienstteilnehmenden Freude bereitet. Besonders schätze ich hier auch die Zusammenarbeit mit dem «Frienisberg – üses Dorf» und der Kirchgemeinde Seedorf. 

Projekt «Abschiedsfeier»
Gemeinsam mit den Mitarbeitenden Aktivierung und einer Mitarbeiterin aus dem Ahornhaus haben wir das Projekt «Abschiedsfeiern» im Frienisberg eingeführt. Dazu haben wir zu Beginn des Jahres 2021 ein Konzept erarbeitet, welches im Frühling  bewilligt wurde und im Sommer gestartet werden konnte. Die Abschiedsfeiern werden auf der Wohngruppe durchgeführt, wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner verstirbt. So ist es möglich, dass sich die Mitbewohnenden noch einmal verabschieden können – dies in Form von einer «Erinnerungsrunde». Umrahmt wird die Abschiedsfeier von besinnlichen Worten, Musik und der Erzählung des Lebenslaufs. Die Abschiedsfeiern finden sehr viel Anklang und zwar sowohl bei den Bewohnern und Bewohnerinnen als auch bei den Mitarbeitenden. Eine schöne Erfahrung ist auch der Einbezug von Angehörigen, wenn gewünscht. Mit den Abschiedsfeiern zeigen wir, dass der Tod als Teil unseres Lebens dazugehört, aber dass es auch Möglichkeiten gibt, diesem Abschied und damit auch dem Menschen, der verabschiedet wird, einen würdigen Rahmen geben. Ausserdem ist es eine Gelegenheit für die Teilnehmenden, selbst über das Thema Abschied und Sterben zu reden – ein Thema, für das es manchmal im «normalen Alltag» zu wenig Raum gibt und doch Viele auch persönlich beschäftigt.

Für mich ist es eine sehr schöne, dankbare und bereichernde Erfahrung, die Abschiedsrituale interdisziplinär durchführen und gestalten zu dürfen. Jede bringt ihre eigenen Erfahrungen mit ein. Dazu kommt die tolle Zusammenarbeit mit den Wohngruppen, wo häufig ganz viel Eigenengagement geleistet wird – von vorgängigen Gesprächen, Deko, gebackenen Kuchen und mitgebrachtem Zvieri und natürlich die Teilnahme an den Abschiedsfeiern – es ist ja auch für die Mitarbeitenden ein Abschied, der auf diese Weise Raum bekommt.

So möchte ich mich bei Ihnen und euch allen bedanken für die vielen Begegnungen und Gespräche, die ich bis jetzt hier erleben durfte. Ich freue mich, auch weiterhin mit Ihnen und euch unterwegs sein zu dürfen und für Sie da zu sein, wenn Sie es brauchen und wünschen. Sie dürfen sich gerne bei mir oder dem Personal melden, wenn Sie einen Besuch oder ein Gespräch wünschen.

Herzlich, Ihre Seelsorgerin, Salome Graber